TV-Star:
Herr Freimüller, was kommt Ihnen beim Stichwort Schweizer
Fernsehen spontan in den Sinn?
Pierre Freimüller
(lachend): Eine Episode zum Thema Alt und Jung. Als ich in der
Tagesschau-Redaktion anregte, dem beliebten 73-jährigen
Ansager Paul Spahn endlich den verdienten Ruhestand zu gönnen,
hiess es, das gehe nicht, weil er wichtig sei, um das Vertrauen
des Publikums zu sichern. Ein 73-jähriger Moderator wäre
heute undenkbar; heute sind junge Gesichter gesucht –
eher «Chefifleisch» als Seniorität.
Mit entsprechend
wenig Erfahrung?
Manchmal spürt
man auch das. Das Alter ist aber nicht so entscheidend. Wichtig
ist, dass ein Moderator nicht versucht, den Zuschauern etwas
vorzuspielen, was er nicht ist.
Verlockt
die künstliche Welt des Studios dazu?
Ja. Beim Fernsehen
sitzt man im Elfenbeinturm. Man läuft Gefahr, an die Fiktion
zu glauben und den Kontakt zur realen Welt zu verlieren.
Was kann
man dagegen tun?
Es gibt kein Patentrezept.
Aber ich habe mir seinerzeit für meine Arbeit einen Jobmix
gewünscht: je ein Drittel Moderation, Sendeleitung und
Reportagen vor Ort, um die Welt ausserhalb des Studios nicht
zu vergessen.
Dieses Modell hat Schule
gemacht.
Zum Glück ist
das Fernsehen flexibler geworden. Am meisten geschätzt
habe ich die gute Teamarbeit; ich habe dazu beim Fernsehen viel
gelernt. Mit anderen Menschen zusammenzuarbeiten, die du nicht
auslesen kannst, und mit ihnen auf Reportage gehen, ist sehr
lehrreich.
Warum haben
Sie den Fernseh-Job quittiert?
Mit 42 und nach 18
Jahren Journalismus wollte ich herausfinden, ob ich noch für
etwas anderes zu gebrauchen bin. Ich wollte einmal nicht nur
über Probleme berichten, sondern an Lösungen mitarbeiten.