«Offene
und transparente Kommunikation schafft Klarheit und Vertrauen.»
Kaum bricht in einem Unternehmen eine Krise aus, ertönt von
Beratern und in den Medien laut der Ruf nach totaler Transparenz.
Doch ist es nicht immer sinnvoll oder gar möglich, sie zu
schaffen. Zu viel Transparenz – wie auch Transparenz zum
falschen Thema oder zur falschen Zeit – kann auch schaden.
Gewiss muss ein Unternehmen im B2C-Bereich offen kommunizieren,
wenn seine Kunden von einer Krise betroffen sind: eine Fluggesellschaft
zu einem Absturz, eine Versicherung zu einem Prämienvergleich
oder ein Detailhändler zu einem kritisierten Produkt.
Es gibt aber zahlreiche Situationen, in denen totale Transparenz
nicht möglich ist oder nichts bringt. Ein CEO muss das Unternehmen
verlassen. Er hat in Interviews oft nichts mehr zu gewinnen. Sein
Nachfolger soll sich jetzt den Medien stellen. Einen Fall von
sexueller Belästigung dem Medien-Voyeurismus preiszugeben,
würde das Opfer noch zusätzlich verletzen. Interne Konflikte
öffentlich auszutragen, ergibt zwar oft süffige Storys,
verschlimmert jedoch meistens die Lage. Prozesstaktische Gründe
können es angezeigt erscheinen lassen, eine gerichtliche
Auseinandersetzung nicht zu kommentieren. Greift ein entlassener
Mitarbeiter seinen Ex-Arbeitgeber in den Medien heftig an, empfehlen
die Einsicht des Klügeren und der Persönlichkeitsschutz,
es ihm nicht mit gleicher Münze heimzuzahlen. Informationen
zu einem Bankraub können die Verhaftung der Räuber vereiteln,
öffentliche Spekulationen über einen Unfall oder ein
Verbrechen Zeugen beeinflussen. Schweigepflicht, Berufsgeheimnis
(Ärzte, Anwälte) oder die Regeln der ad hoc Kommunikation
können Äusserungen verbieten. Nicht selten warnen nach
einer Krise die Anwälte der Versicherer ein
|
|
geschädigtes Unternehmen,
jedes Wort zuviel könne den Schaden vergrössern und
raten zu Stillschweigen. In allen diesen Fällen erweist
sich eine korrekte Haltung als die längerfristig bessere
Wahl, auch wenn dafür unmittelbar ein paar Medien-Ohrfeigen
einzustecken sind.
Trotzdem ist ein simples «no comment» eine gefährliche
Antwort. Sagt nämlich das betroffene Unternehmen nichts,
wird der Journalist andere Quellen suchen und finden, die Auskünfte
geben werden, – Konkurrenten, Experten, Behördesprecher,
Mitarbeitende, Politiker, Kunden. Dabei verliert das Unternehmen
sowohl die Themenführerschaft als auch auf lange Zeit die
Glaubwürdigkeit.
Besser ist es, klar darzulegen, wieso Auskünfte zu diesem
Thema jetzt nicht möglich sind. Dabei ist allerdings strikt
darauf zu achten, keine Teilinformationen abzugeben, die Gerüchtewellen
alimentieren würden. Man kann darauf verweisen, dass man
die Angelegenheit ernst nimmt und den Sachverhalt detailliert
abklärt. Vielleicht gibt es auch weitere Informationen
mit Nachrichtenwert, welche problemlos abgegeben werden können.
Freilich werden die Medien deshalb nicht Ruhe geben. Je offener
und ehrlicher das Unternehmen jedoch in normalen Zeiten zuvor
kommuniziert hat, je mehr Vertrauen es damit aufgebaut hat,
desto kleiner wird der Schaden sein. Schweigen als Taktik bei
jeder etwas unbequemen Journalistenanfrage, aus Scham, um jedes
kleinste Problem unter den Tisch zu wischen, kann sich später
bitter rächen. Versteckspiele heizen die Recherchierlust
der Journalisten kräftig an. Eine gute Kommunikationskultur
– intern und extern – zahlt sich nie so sehr aus wie
in einer Krise.
|