Wenn
einem die Geschenkkataloge ins Haus flattern, in den Kühlregalen
der Grossverteiler Brunsli- und Mailänderli-Teig auftauchen
sowie Sterne und Engel die nüchterne Strassenbeleuchtung
überstrahlen, ist’s für Unternehmen Zeit, die
traditionelle Jahresschluss- Feier zu planen.
Oft mühsamer «Firmenschlauch»
Das
Adjektiv «traditionell» steht meist für wenig
mitreissend bis langweilig, ein blutleeres Ritual mehr als ein
Fest der Freude. Der CEO hält eine Ansprache, redet von
«Zusammenstehen und den Gürtel enger schnallen»,
der Marketing-Leiter von «alle am gleichen Strick ziehen
– aber bitte in die gleiche Richtung» und die Leiterin
Human Resources von den «Bäumen, die nicht in den
Himmel wachsen». Alles in allem eine kaum glaubwürdige
Pflichtübung – der «Firmenschlauch »
vor dem «Familienschlauch».
Äusserungen wie «ich mag’s nicht mehr hören»,
«jedes Jahr die gleichen Sprüche», «ich
nehme denen nichts mehr ab» von Seiten der Mitarbeitenden
sind darum nicht selten zu vernehmen, wenn auch nicht an der
Feier selbst – davor würde sich jeder schämen
–, sondern hinter vorgehaltener Hand. Die negativsten
Reaktionen, die ich feststellte, betrafen Anlässe, zu denen
die Mitarbeitenden verknurrt wurden, die aber nach der Arbeit
stattfanden. «Fröhlichkeit auf Befehl und zudem noch
in meiner Freizeit geht mir gegen den Strich», lautete
ein typischer Kommentar. So etwas weckt mehr Missmut, als dass
es das Zusammengehörigkeitsgefühl stärken würde.
Menschen mögen und brauchen an sich Rituale. Diese gehören
schliesslich seit Urzeiten zu jeder Zivilisation. Nur sollten
sie mit bedeutenden Inhalten gefüllt sein, echt von Herzen
kommen und vor allem den Angesprochenen etwas bringen. Nicht
nur die Fakten sind in der Kommunikation wichtig, sondern, wie
die Amerikaner sagen, immer exauch die Fragen «Who cares?»
(Wieso ist das wichtig?) und «What’s in it for me?»
(Was habe ich davon?).
Rituale sinnvoll
nutzen
Gewiss ruft der Jahreswechsel
nach Rückschau Halten, neuen Mut Finden und gute Vorsätze
fürs neue Jahr Fassen. Das Jahr geht zu Ende, ein neues
steht bevor und das Licht gewinnt wieder übers Dunkel.
Man könnte diese Stimmung fruchtbar fürs Unternehmen
und dessen Mitarbeitende nutzen. Wie? Ganz einfach, indem man
zunächst einmal die Feier für die Mitarbeitenden macht,
statt für die Chefs. Das würde heissen, die Botschaften
nicht einseitig «von oben herab» predigen, sondern
den Dialog suchen. Zu viele Chefs sehen sich noch als «Verkündungsengel»;
doch die Mitarbeitenden haben den Glauben an die himmlischen
Heerscharen längst verloren.
Ein heisses «Kaminfeuer-Gespräch»
Darum: Anstatt die traditionelle «Weihnachtspredigt»
des CEO zu zelebrieren, veranstalten Sie eine muntere interne
Talkshow, in der die Chefs zu allen brennenden aktuellen Themen
interviewt werden und die Mitarbeitenden ihre eigenen Fragen
stellen können. Nicht nur schätzen die Mitarbeitenden,
wie zahlreiche Erfahrungen zeigen, solche direkten Begegnungen
und offenen Fragerunden; diese haben vor allem den Vorteil,
dass die heissen Eisen endlich offen angepackt werden, statt
dass die Diskussion erst hinter den Kulissen stattfindet.
Echte Überzeugungsarbeit
Man mag einwenden, sich der Kritik zu exponieren und die ewig
gleichen Wünsche und Frustrationen von Mitarbeitenden zu
hören, sei mühsam. Mag sein, bloss zählt in der
Kommunikation, was ankommt, und nicht, was gesendet wurde. Das
reine Senden von Informationen – z. B. in einer Weihnachtsansprache
– löst herzlich wenig aus, da weder gesichert ist,
dass die Informationen verstanden wurden, noch dass sie akzeptiert
wurden, und schon gar nicht, dass sie umgesetzt werden.
Echte Überzeugungsarbeit geschieht, indem man auf Fragen,
Vorbehalte, Schwierigkeiten, Einwände und Kritik eingeht.
So unbequem es scheint: Dabei markiert man Punkte, die zehnfach
zählen. Wer auf eine anspruchsvolle Frage eine
|
|
überzeugende
Antwort gibt, kann damit Meinungs- und Einstellungsänderungen
auslösen. Und genau dies ist das Ziel: Man muss ja nicht
die bereits Überzeugten bestätigen oder die Unverbesserlichen
auf seine Seite ziehen wollen. Die Gruppe der Schwankenden in
der Mitte gilt es zu gewinnen. Sicher ist dies anstrengender
als eine vom Ghostwriter verfasste Festtagsrede; es braucht
dazu viel Liebe zur Sache und zu den Mitarbeitenden. Doch das
Resultat wird Blut, Schweiss und Tränen vergessen machen.
Externe Moderation
macht’s möglich
Kritische Punkte anzusprechen ist schwierig. Die Gefahr besteht,
dass man um den heissen Brei herumredet und sich scheut zuzupacken.
Noch schwieriger ist es für Mitarbeitende, die Fragen und
Vorbehalte, die sie seit Monaten mit sich herumtragen, offen
zu äussern. Deshalb lohnt es sich, den Jahresend-Kommunikations-Event
von einer externen Fachperson moderieren zu lassen. Diese ist
nicht mit den Hierarchien des Unternehmens verhängt, kann
Fragen tabufrei angehen, klare Antworten einfordern und Brücken
bauen, wo notwendig. Sie nimmt den aggressiven Gehalt heisser
Fragen auf sich und fragt korrekt, aber direkt nach Gründen,
Zusammenhängen und Lösungen. Dies ermöglicht
den angesprochenen Unternehmensverantwortlichen eine ebenso
direkte und klare Antwort. Welch ein Unterschied zu den Schneckentänzen,
die üblicherweise vollführt werden, wenn ums Angehen
eines schwierigen Themas geht!
Um den Bann dezent zu brechen, wird sich der Moderator von der
Geschäftsleitung im Voraus orientieren lassen, aber auch
mit Mitarbeitenden in Kontakt treten und die Veröffentlichungen
in Medien lesen. Er kann die Mitarbeitenden auffordern, ihre
Fragen ihm direkt einzureichen, damit niemand Angst vor Repressalien
haben muss. Am Jahresend-Event richtet der Moderator die Fragen
an die zuständigen Mitglieder der Firmenleitung. Die Erfahrung
zeigt, dass nach einer Anwärmphase die Mitarbeitenden es
wagen, sich direkt in die Diskussion einzumischen.
Gelegenheit, echte Stärke
zu zeigen
Vielleicht wird dem einen oder andern bange, sich vor dem Publikum
ausziehen zu müssen. Man bedenke, dass die Fähigkeit,
Verständnis und zwischendurch auch einmal Schwäche
zeigen zu können sowie Fehler einzugestehen, starke Persönlichkeiten
auszeichnet. Zudem wird ein guter Moderator immer mit Nachdruck
auf die Punkte zu sprechen kommen, die der Unternehmensleitung
am Herz liegen. Dazu gehört auch die Frage nach den Leistungen
und Einstellungen der Mitarbeitenden, auf die die Firmenleitung
angewiesen ist, um ihren Auftrag zu erfüllen.
Für einmal würden also nicht der Samichlaus und der
Schmutzli die Leistungen der Mitarbeitenden beurteilen und dann
Äpfel, Nüsse und Birnen oder Fitzen verteilen, sondern
die Rollen wären verkehrt. Dieses Ausbrechen aus traditionellen
Schemata wirkt aufs Betriebsklima ungeheuer befreiend und anregend.
Bleibt ein letzter Einwand zu entkräften: Das Publikum
werde passiv bleiben und nicht mitmachen. Das habe ich in jahrelanger
Praxis in Unternehmen, Ämtern, Spitälern und anderen
Organisationen ganz einfach noch nie erlebt. Menschen wollen
sich einbringen. Das schönste Weihnachtsgeschenk, das man
ihnen machen kann, ist, sie ernst zu nehmen.
Das
Begleitprogramm
Eine gehaltvolle Jahresend-Veranstaltung lässt
sich mit allerhand stimmungsvollen Elementen anreichern,
wie z. B.:
|
|