Hier
schlagen wir Ihnen markante Filmerlebnisse vor, die uns aufgefallen sind.
Unsere Auswahl ist ganz und gar unvollständig und subjektiv. Unsere
Tipps beruhen alle auf persönlichen Eindrücken. Wir besprechen
sowohl Filme, die aktuell im Kino laufen, als auch vergangene, die auf
DVD zu beziehen sind.
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appunto@gmx.ch |
Stefan
Haupt
How about love
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Der Schweizer Stefan Haupt, dessen Dokumentarfilm
«Ein Lied für Argyris» wir hier bereits vorgestellt
haben, ist ein Drehbuchautor und Regisseur der feinern Zwischentöne.
Seine Geschichte eines erfolgreichen Herzchirurgen Fritz, der als
Tapetenwechsel seinen Kollegen Bruno im thailändischen Urwald
nahe der Grenze zu Myanmar besucht, berührt nicht nur emotional.
Erschüttert vom Elend, das er im Dschungel antrifft, verlängert
Fritz seinen Kurzaufenthalt zu einem Sabbatical. Prompt verliebt er
sich in eine lokale Assistentin, was ihn in einen tiefen inneren Konflikt
stürzt. Haupts Film überzeugt auch durch die Vielschichtigkeit
der Konfliktebenen und Ambivalenzen, die er anspricht: das Dilemma
des helfenden Arztes, der am liebsten alles besser machen würde
und nicht begreifen kann, dass er im Urwald sich an begrenzte Ressourcen
halten muss. Der innere Zwist zwischen seiner Urwaldliebe und seiner
Familie in der Schweiz. Haupt walzt Ereignisse nicht breit; er spielt
vieles nur an. Jedoch schildert er Gemütszustände und Auseinandersetzungen
bis in die Dialoge überzeugend echt. Dazu beigetragen hat wohl
auch noch, dass er einige der thailändischen Hauptrollen mit
Laiendarstellern besetzt hat.
» www.howaboutlove-film.ch |
Stefan
Haupt
Ein Lied für
Argyris
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Am
10. Juni 1944 verlor der 3½-jährige Argyris Sfountouris
in einer brutalen Racheaktion der Nazis gegen sein Heimatdorf Distomo
in der Nähe von Delphi Vater, Mutter und 30 weitere Familienangehörige.
Haupts Film zeigt subtil, facettenreich und äusserst berührend
wie für Sfountouris dieses frühkindliche Trauma zum eigentlichen
Leitmotiv seines Lebens wurde. Wir begleiten ihn durch die Etappen
seines Lebens – Betreuung durch die Grossmutter, Waisenhaus
in Athen, Pestalozzi-Kinderdorf in Trogen, Studium an der ETH, Einsätze
fürs Katastrophenhilfecorps, ETH-Astrophysiker – eingebettet
in die weiteren Dramen, von denen seine Heimat geschunden wurde:
Bürgerkrieg, Putsch, Diktatur. Das Stossendste: Bis heute haben
die Nachfahren der Täter sich nicht aufraffen können,
tätige Reue zu zeigen. Die bewegte Lebensgeschichte des Exilgriechen
lässt einen stumm über das Privileg der späten Geburt
in einem von Kriegen verschonten Land nachdenken.
»
www.fontanafilm.ch
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Jonathan Dayton und Valerie Faris Little
Miss Sunshine
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Eine durch und durch schräge
Familie reist quer durch USA nach Kalifornien, um ihr Nesthäkchen
Olive dort in einem Kinder-Schönheitswettbewerb zu präsentieren.
Unterwegs passiert immer wieder Unvorhergesehenes, so dass die Familie
den Termin an der Westküste zu verpassen riskiert. Diese Abenteuer
ergeben eine temporeiche Komödie, in der man sich krummlachen
kann. Sie gipfelt in einer Realsatire: Die Aufnahmen des Schönheitswettbewerbs
wurden an einem echten solchen Anlass gedreht. Die aufgepeppten Barbie-Püppchen,
welche krankhaft ehrgeizige Eltern dort vorführen, holen einen
abrupt in die Realität zurück. Einmal mehr gilt: La réalité
dépasse la fiction.» »
http://www.littlemisssunshine.com.au/ |
Carlos
Iglésias
Un franco, 14
pesetas
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Martín
und Marcos verlassen in den frühen 60er-Jahren Madrid, um in
der Schweiz Arbeit zu suchen. Sie landen in der Ostschweiz, die
Ihnen sehr «spanisch» vorkommt. Ihre anfängliche
Unbeholfenheit und verschiedene Entwicklungen lassen immer wieder
komische Situationen entstehen. Ein autobiographischer Film über
das Entdecken der Fremde, die schliesslich zur zweiten Heimat wird.
Die Schweiz kommt im Zusammenhang mit Gastarbeitern für einmal
gut weg. Der Blick der beiden Immigranten lässt allerdings
manch für Schweizer Gewohntes eher drollig erscheinen.
»
http://www.unfranco14pesetas.com |
Davis Guggenheim
An inconvenient truth
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Al Gore, der verhinderte Präsident
der USA, tourt in der ganzen Welt und hält einen sehr eindrücklichen
Vortrag zur Klimaerwärmung und Umweltzerstörung. Der aufrüttelnde
Film mag etwas missionarisch erscheinen – das Thema, das Gore
packend aufgreift, ist ernsthaft und duldet keinen Aufschub. Er belegt
es mit unzähligen Beispielen und Bewiesen. Ob wohl Gores Mahnruf
aus der Wüste des grössten Energieverschwenders der Welt
wirkt? »
www.climatecrisis.net |
Florian Henckel von Donnersmarck Das
Leben der Anderen
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Die Spitzel-Geschichte aus der
Ex-DDR führt einen eindrücklich in die Enge der Paranoia
des totalitären Kontrollapparats ein, bis an dessen Grenzen,
bevor alles umkippt. Ein Stasi-Offizier bespitzelt einen braven, aber
mangelnder Linientreue verdächtigten Schriftsteller, weil er
ein Auge auf dessen Freundin geworfen hat. Mit der Zeit wird ihm die
Enge seines eigenen Denkens und Lebens bewusst und er bekommt Zweifel.
»
www.movie.de/filme/dlda/ |
Jean-Stéphane Bron Mon
frère se marie
|
Der Adoptivsohn eines getrennt
lebenden Westschweizer Ehepaars heiratet. Zu diesem Anlass kommt seine
leibliche Mutter aus Vietnam in Begleitung eines Onkels in die Schweiz
auf Besuch. Da man ihr die Enttäuschung, dass in der Familie
Zank herrscht, ersparen will, muss mit allen Mitteln für die
kurze Zeit Harmonie vorgetäuscht werden. Dies führt zu allerlei
komischen Situationen. Dem Autor des Dokfilms «Mais im Bundeshuus»
ist damit ein schöner erster Spielfilm-Wurf gelungen, eine Komödie
und zugleich eine fein gezeichnete Milieu-Studie. Jegliche Ähnlichkeit
mit wirklichen Verhältnissen während der Jahresend-Festtage
wäre rein zufällig … »
www.monfreresemarie.ch/?id=50 |
Marcel
Schüpbach
La liste de Carla
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Sie wurde oft angefeindet, als
frühere Bundesanwältin in der Schweiz und als Chefanklägerin
des Internationalen Gerichtshofs für Menschenrechte in Den Haag.
Schüpbach porträtiert die beharrliche Frau, die unablässig
für die Verhaftung der letzten noch flüchtigen Kriegsverbrecher
aus Ex-Jugoslawien kämpft. Der Film lässt die Zuschauer
teilhaben an der Schwierigkeit eines Einsatzes für Gerechtigkeit
ohne wirksame Kompetenzen. Er zeigt, wie Del Ponte mit Ausdauer und
taktischem Geschick sich bemüht, die Kriegsverbrecher zur Rechenschaft
zu ziehen. Er zeigt auch die Niederlagen, welche sie immer wieder
zu überwinden hatte und ihre Einsamkeit in dieser Rolle.
»
www.filmcoopi.ch |
Pedro Almodóvar Volver
|
Wer Filme wie ein Sudoku mag, liegt
hier richtig. Der Film beginnt – ähnlich wie schon «La
mala educación» als recht schräge schwarze Komödie.
Was zunächst einfach wie eine skurrile Geschichte aussieht, erhält
mit der Zeit immer mehr Tiefe und kann durchaus auch fast psychoanalytisch
als reine Fantasievorstellungen gedeutet werden. Erst in den letzten
zehn Minuten löst sich das Rätsel. Pénelope Cruz
brilliert mit Qualitäten einer jungen Sophia Loren und Carmen
Maura als ihre Mutter steht ihr in nichts nach. Auch die beiden andern
Frauenrollen sind überzeugend besetzt. Übrigens: Männer
kommen nur in Nebenrollen vor … »
www.volver-lapelicula.com |
Fredi
Murer
Vitus
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Fredi Murer, der jeweils sehr lange
an seinem nächsten Film ziseliert, hat einmal mehr einen Film
einem Kind gewidmet. Dabei ist ihm wieder ein einerseits witziges,
anderseits ergreifendes Märchen gelungen. Kinder können
noch staunen, träumen und fragen, verdrehen die Wahrheit weniger
(oder weniger perfekt) als Erwachsene, Kinder sind direkter, mutiger,
spontaner. Und manchmal sogar genial, wie der junge Pianist Teo Gheorghiu,
der seine Rolle intensiv und echt spielt – vielleicht gar nicht
zu sehr spielen muss, da er wirklich ein hoch begabtes Kind ist. Mit
der Welt seiner Eltern – nicht brutal, aber geprägt von
Konventionen und Erwartungen, die zu Zwängen werden – ergibt
sich da eine Spannung. Murer entreisst uns als Zuschauer in seine
Welt, die Welt des Vitus, der eine raffinierte Idee hat. Spannend
auch das Zusammenspiel zwischen dem jungen Schauspieler und Bruno
Ganz als Grossvater, wie immer grandios. Subtil wie immer die Bilder
von Top-Kameramann Pio Corradi. »
www.vitus-film.com |
Robert Greenwald
Uncovered: The war on Iraq
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Mit der Präzision eines Anatomen
zerlegt Greenwald Stück um Stück die ganze Phraseologie,
die Widersprüche und Lügen um den Irak-Krieg, zitiert wörtlich
Hunderte von Aussagen von obersten Verantwortlichen sowie des US-Präsidenten
und seiner Administration. Der Film ist so knochentrocken wie messerscharf
und ganz und gar unpolemisch. Gerade deshalb deckt er die Mechanismen
amerikanischer Gegenwartspolitik noch schonungsloser und glaubwürdiger
auf als die Arbeiten von Michael Moore. Zudem beleuchtet er die Rolle
der Medien kritisch. »
www.truthuncovered.com |
Errol
Morris
The Fog of War: Eleven Lessons from the Life of Robert S.
McNamara
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Dieser sehenswerte Dokumentarfilm über
USA ist dem ehemaligen Verteidigungsminister unter John F. Kennedy
und Lyndon B. Johnson gewidmet, der u.a. den Höhepunkt des Vietnamkriegs
verantwortete. Der 85-jährige legt seine Ambivalenz offen und
reflektiert selbstkritisch über Kriege und Krisen, über
Entscheidungen, die Hunderttausende von Menschen das Leben gekostet
haben – und sagt aus heutiger Sicht mehr als einmal: „We
were wrong". McNamara war später dreizehn Jahre Chef der
Weltbank und danach ein grosser Kritiker des Wettrüstens. Seine
Reflexionen sind auf dem Hintergrund der gegenwärtigen US-Politik
von besonderem Interesse. Die Filmmusik von Phil Glass verstärkt
diskret die Aussagen.
»
www.fogofwarmovie.com |
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