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Pierre Freimüller, appunto communications, Zürich

Krisenkommunikation

Sich Einigeln ist keine Strategie

Märkte und Unternehmen sind geprägt von Unsicherheit. Krisensituationen häufen sich. Ein Experte der Krisenkommunikation hält fest, was es zu tun gilt, um sicher durch Stürme zu navigieren. Ein Unfall, ein Anschlag, ein Skandal: Panik, Angst oder irrationale Handlungen folgen. Nun gilt es, öffentlich zu kommunizieren und verunsicherte Menschen nicht allein zu lassen.

Menschen sind komische Wesen. Da gehen sie base- und bunjijumpen, schauen sich Horrorfilme an und geben an Jahrmärkten ein Vermögen für Höllenritte auf Wahnsinnsachterbahnen aus. Anderseits fühlen sich die zarten Pflänzchen schon durch die leiseste Gewinnwarnung eines Unternehmens tief gehend verunsichert.

An erster Stelle steht
der Kontrollverlust

Beide Bedürfnisse sind uns wohl fundamental eigen. Einerseits suchen wir den ultimativen Kick, anderseits brauchen wir so etwas wie das Urvertrauen des Babys an Mutters Brust. Obwohl eigentlich Wirtschaften immer Navigieren in unbekannten Gewässern nach ebenso unbekannten Horizonten bedeutet, ist Unsicherheit für Wirtschaft und Börsen Gift. Welche Faktoren sind für diese giftige Unsicherheit entscheidend? An erster Stelle steht sicher der Kontrollverlust, das Gefühl, eine Situation mit keinen Mitteln beeinflussen zu können. An zweiter folgt die Untransparenz, der Eindruck, eine Entwicklung nicht durchschauen zu können. Und an dritter bei neuartigen Bedrohungen das Unbekannte. Diese drei Faktoren können aber noch nicht genügen, denn sie treffen ja auch auf Höllenritte zu. Also folgen an vierter Stelle die Furcht vor langfristigen Auswirkungen eines Problems und an fünfter die Unfreiwilligkeit der Teilnahme an einem Ereignis. Wenn Krisenereignisse den Menschen den Sicherheitsteppich unter den unter den Füssen wegziehen, reagieren sie irrational, entsteht Panik und für den Verursacher ein immenser Vertrauensverlust, mithin ein gravierender Imageschaden.

Ein paar Pflöcke einschlagen

Besonnenheit und Entschlossenheit sind jetzt gefragt, will man nicht einen Shitstorm auslösen.

Beide müssen aber auch wirksam kommuniziert werden. Klare Worte sind ebenso wichtig wie ruhig Blut bewahren. Was gilt es also zu tun? Zunächst einmal rein emotional: Präsenz zeigen, sich nicht verstecken, die verunsicherten Menschen nicht allein lassen. Dann das Problem genau bezeichnen und damit auch örtlich, zeitlich und materiell eingrenzen, um zu vermeiden, dass Phantasien und Ängste es amplifizieren. Ferner kommunizieren, was man tut, um die Situation zu meistern, zeigen dass man die Lage (wieder) im Griff hat. Klar stellen, dass die Ursachen von einer – möglichst unabhängigen – Instanz untersucht werden und dass man mit dieser voll kooperiert. Zudem ankündigen, was man unternehmen wird, um eine Wiederholung des Problems zu verhindern. Vergessen geht dabei zu oft, dass man auch tunlichst überprüfen soll, ob man nicht noch weitere «Leichen im Keller» hat, denn nichts ist so schädlich wie Berichte über «schon wieder» oder «auch das noch». Es geht darum, in einer Situation, in der alles ungewiss scheint, möglichst schnell wieder ein paar Pflöcke einzuschlagen, an denen sich Anleger, Kunden und Mitarbeitende festhalten können.
Der frühere Fed-Chef Ben Bernanke wurde mit dem Satz berühmt: «Wenn ich mich so geäussert habe, dass ich verstanden wurde, habe ich mich falsch geäussert.» Solcherlei Nebelpetarden taugen nicht, wie kompliziert auch immer um den heissen Brei herumgeredet wird. Sich einigeln oder auf «Tauchstation» gehen, ist ebenso wenig eine Strategie.



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